Im späten Sommer 1914 sah es danach aus, als ob Paris von deutschen Truppen verwüstet würde. Die Armee des deutschen Kaisers war auf Sichtweite an Paris herangekommen und nur ein Wunder würde die Stadt vor derselben Demütigung retten, die sie bereits 1871 im Deutsch-Französischen Krieg erleben musste. Dieses Wunder geschah. Wir kennen es heute als das “Wunder von der Marne”. Anderthalb Millionen russische Soldaten griffen auf Befehl von Zar Nikolaus II. die Deutsche Armee im Osten bei Tannenberg an und zwangen Deutschland dazu grosse Truppenteile von Westen nach Osten zu verlegen, was die Westfront an der Marne enorm entlastete. Paris war gesichert, doch die Westfront erstarrte im Stellungskrieg. Damit war der Krieg zum Weltenbrand eskaliert und sollte noch weitere vier Jahre dauern. (Hoffmann, 2009)
Nahezu die Hälfte der russischen Soldaten, die bei Tannenberg zum Angriff stürmten, war unbewaffnet. Grosse Teile der zweiten und dritten Angriffswellen waren nicht mit Handfeuerwaffen ausgerüstet und mussten mit den Waffen der gefallenen Kameraden kämpfen. Das Zaren-Russland zu dieser Zeit war schlichtweg nicht für einen Krieg in diesem Ausmass gerüstet. Alexei Poliwanow, der damalige Kriegsminister unter dem Zaren, notierte 1915: “Gewehre sind kostbarer als Gold.” (James, et al., 1999)
Als Sofortmassnahme wurden auf dem internationalen Markt Gewehre und Munition beschafft. Remington und Westinghouse in den USA bekamen Bestellungen für insgesamt eine Million Exemplare des russischen Ordonnanz-Gewehres Mosin-Nagant 1891. Winchester in New Haven, CT erhielt einen Auftrag über 300’000 Gewehre, basierend auf John Brownings Unterhebelrepetierer Modell 1895.

Technik
Der Unterhebelrepetierer Winchester 1895 enthielt einige signifikanten Unterschiede zu herkömmlichen Unterhebelrepetieren. So wich das Röhrenmagazin einem Kastenmagazin und die Verriegelung wurde massiv verstärkt. Das führte zu zwei grossen Vorteilen: es konnten Patronen mit spitzen Geschossen geladen werden, ohne das die Geschossspitze das Zündhütchen einer anderen Patrone berührte und dank der massiven Verriegelung konnten Patronen mit dem damals aufkommenden rauchlosen Nitro-Zellulose-Pulver geladen werden. Verglichen mit Schwarzpulver erzeugen die Nitro-Patronen wesentliche höhere Gasdrücke und brauchen stabilere Gewehre. Frühere Modelle konnten zwar auch rauchloses Pulver verschiessen, was an der Überdimensionierung des Systems liegt und eher Zufall ist. Das Model 1895, war die erste Unterhebelrepetierbüchse, welche direkt für rauchloses Pulver konstruiert wurde. (McCollum, 2014)

Die Gewehre für Russland verfügen über rechtsseitige Abnahmestempel der Zarenarmee und die Markierung 7.62, um die korrekte Patrone anzugeben. Weiter sind die vorderen Laufbänder zur Aufnahme des Bajonetts vorbereitet. Die Visierung ist ein militärisches Leitervisier anstelle der jagdlichen Buck-Visierung, welche auf den zivilen Modellen 1895 verbaut ist.

LiteraturverzeichnisHoffmann, Dieter. 2009. Entscheidung an der Marne. Spiegel Online. [Online] SPIEGELnet GmbH, 04. 09 2009. [Zitat vom: 23. 12 2018.] http://www.spiegel.de/einestages/erster-weltkrieg-a-948460.html. James, Garry und Schreier, Philip. 1999. The WINCHESTER RUSSIAN MODEL 1895. Guns&Ammo. 1999, December. McCollum, Ian. 2014. Winchester 1895 (Russian). Forgotten Weapons. [Online] Forgotten Weapons, 6. Januar 2014. [Zitat vom: 21. Dezember 2018.] https://www.forgottenweapons.com/rifles/winchester-1895-russian/. |